LEGIO III ITALICA

Geschichte der Regensburger Legionsgarnison

(von Florian Himmler)

Diese kurze Einführung richtet sich an interessierte Studenten und Laien und erhebt nicht den Anspruch einer wissenschaftlich historischen Arbeit. Die Abwesenheit von Fußnoten bitte ich daher zu verzeihen. Ich bitte außerdem darum, mich vor der Verwendung in irgendeiner Form zu benachrichtigen.


 


 

II. Steine, Straßen, Schriftverkehr die Leg III Ital im Bau- und Verwaltungseinsatz

 

Der materielle und logistische Aufwand für den Bau der neuen Legionsfestung war enorm. Allein für das aufgehende Mauerwerk wurden mindestens 30 000 m3 Quadersteine benötigt, d.h. in den Steinbrüchen fiel dabei mindestens doppelt soviel als Schuttabraum an, also über 60 000 m3. Verbaut wurde in erster Linie Sandstein, aber auch der stabilere Jurakalk, so zum Beispiel an den Lagertoren. Auch die Inschriften und Grabsteine waren aus Jurakalk. Die Bausteine stammten aus dem Naab-, Laaber- und dem Donautal, auch vom Kapfelberg bei Alkofen. Das leichtere Tuffgestein für Gewölbe und Türstöcke kam wohl aus Steinbrüchen bei Neuburg an der Donau. Das Material wurde hauptsächlich per Schiff herantransportiert. Dabei ging ein Teil der Transporte mit Sicherheit auch durch die Weltenburger Enge. Kalkstein und Grünsandstein konnten dagegen auch in der Umgebung von Kehlheim und Abbach abgebaut werden. Bei Abbach befand sich außerdem (bis indie Spätantike) die große Legionsziegelei.

 

    

 

Abb.1: Eindrucksvollster Überrest des Legionslagers Castra Regina ist die rechte Hälfte des Nordtors (porta praetoria), hier von Osten (linkes Bild) und von Westen (rechtes Bild) fotografiert. (beide Fotos vom Verfasser)

 

Für die Innengebäude mussten auch große Mengen Holz, Zement, Bruchsteine, Glas und andere Materialien organisiert werden. Zum Glück konnten die Frachtschiffe direkt an der langen Kaianlage vor der Baustelle anlegen, und die Portia Praetoria lag damals noch etwas näher am Ufer. 179 n.Chr. war die Lagermauer cum portis et turribus („mit Toren und Türmen“) weitgehend fertiggestellt, wie ein großes Bruchstück der Torinschrift von der porta principalis dextra (Osttor) verrät:

 

                     

Abb.2: Bruchstück der Bauinschrift vom Osttor (Die Schrift der mittleren Zeile verläuft in einer flachen ‚Rille’, denn Name und Titel von Commodus wurden nach seinem Tod ausgemeißelt, einige Jahre später aber wieder hergestellt. Vielleicht wurde die Änderung aber schon zu seinen Lebzeiten vorgenommen). (Foto Verfasser)

 

Das fertige Legionslager hatte eine Fläche von ca. 540 x 450 m (also etwa 24 ha), eine vielleicht bis zu 10 m hohe Mauer aus Sandsteinquadern, 18 Zwischentürme und 4 Festungstore. Im Inneren lagen die Mannschaftsbaracken, das Stabsgebäude (principia), das Wohngebäude des Kommandanten (praetorium), die Getreidespeicher (horrea), das Lazarett (valetudinarium), Pferdeställe, Werkstätten und vielleicht auch eine Badeanlage. Das größere Kurbad der Legion lag jedoch in Bad Gögging.

Wann die Anlage in Regensburg den Namen Castra Regina bekam, ist unklar. In ihrer Frühzeit hieß die Legionsfestung nach Ausweis eines Meilensteins nur legio (‚bei der Legion’), ähnlich wie El Lejjun (Arabien), Leon (Spanien) und Caerleon (Britannien).

 

Wahrscheinlich entstanden schon während der Bauphase der Legionsfestung auch die Keimzellen der canabae legionis, also der Zivilsiedlungen westlich und östlich des Lagers. Diese enthielten die Wohngebäude der Soldaten- und Offiziersfamilien, die Heiligtümer, Handelsspeicher, zivilen Werkstätten, Geschäfte, Lokale, Kneipen und Häuser zweifelhaften Rufs. Der große Friedhof für Lager und Zivilstadt lag an der einstigen Ausfallstraße zur Provinzhauptstadt Augsburg und ist heute vom Eisenbahngelände überdeckt.

  

Spätestens nach Fertigstellung der Legionsfestung in Regensburg wurden schon wieder Teile der Legion für Bauarbeiten an anderen Orten abgezogen. Eine Abteilung erbaute das kleine Kastell Böhming am Pfahlgraben im Jahr 181 unter Aufsicht eines Legionscenturios:

 

Abkommandierte Soldaten (vexillarii) der Leg III Ital haben die Mauer (vallum) erbaut, unter Aufsicht von Iulius Iulinus, Centurio der Leg III Ital ( CIL III 143702).

 

Unterstützt wurden sie dabei von einem Detachement der in Pfünz stationierten COH I Breucorum (ebenfalls von einem Legionscenturio befehligt):

 

Ebenso wurden Tore mit Türmen fertiggestellt von Aelius Fortis, Centurio der Leg III Ital und Vorgesetzter (praepositus) der cohors I Breucorum (CIL III 143702)

 

Dass Legionscenturionen Teile von Hilfstruppeneinheiten kommandierten war anscheinend nicht ungewöhnlich. Nach einer Inschrift aus Untersaal bei Eining war der Centurio L. Flavius Vetulenus (CIL III 5937) praepositus der COH III Brittanorum.

 

Mit Ausnahme von Regensburg finden sich die meisten Spuren der Legion in der 142 km entfernten Provinzhauptstadt Augusta Vindelicum (Augsburg), wo der Befehlshaber der Legion = der Provinzstatthalter residierte. Dieser hatte in seiner Dienststelle (officium) einen umfangreichen Stab aus Soldaten und Offizieren der Legion, die logistische und andere verwaltungstechnische Aufgaben zu erledigen hatten. Von den Legionsangehörigen sind in Augsburg inschriftlich nachgewiesen: drei centuriones, einer oder sogar zwei beneficiarii consularis (Verwaltungssoldaten des Statthalters), ein librarius consularis (Buchhalter des Statthalters), ein exactus consularis (Schreiber des Statthalters), zwei signiferi (Feldzeichen-träger), ein dupl(ic)arius (Unteroffizier m. Doppelsold), ein pictor (Maler), und ein optio [p]raet<o>ri. Ein Adlerträger (aquilifer) der Legion ließ sogar einen Grabstein für seinen Bruder errichten, der in der Handelsstadt Augsburg seine Denare als Kleidergroßhändler (negotiator vestiarius) verdiente.

 

In Augsburg hinterließ die Legion sogar mehrere Reliefdarstellungen:

                                               

 

Abb.3: Grabstein eines unbekannten Soldaten (höchstwahrscheinlich ein Legionär der Leg III Ital) mit Gattin.
(Römisches Museum Augsburg).

Das Ehepaar erscheint in typischer Tracht des 3.Jh. Die Frau trägt eine ‚Melonenfrisur’ und hält ihr Schmuck-kästchen (?) in der Hand.

Der Soldat trägt eine langärmelige Tunika, einen Umhang (sagum) mit Fibel und eine Schriftrolle (= Schreibstubensoldat).

Seine Zugehörigkeit zum Militär verrät der ‚Ringschließengürtel’, dessen Endgehänge stolz mit der rechten Hand präsentiert wird (der Gürtelring wurde übertrieben groß dargestellt). Die Stiefel waren wohl ursprünglich aufgemalt. (frühes 3.Jh.)
(Foto Verfasser)

 

 

 

Abb.4: Relief des centurio legionis III Italicae Septimius Chaereas. (Römisches Museum Augsburg).

Der Centurio hat in der linken Hand eine Schriftrolle. Unter dem linken Arm trägt er den Centurionenstab (vitis).

Er ist mit einer langärmeligen Tunika und einem Umhang (sagum) mit Fibel bekleidet. Der Stein wurde laut Inschrift von seinem Sohn Septimius Archealus gestiftet. (Erstes Drittel 3.Jh.?)

(Foto Verfasser)

 

 

Auch in anderen Teilen der Provinz müssen zahlreiche Legionsmitglieder in Verwaltungs- und Kontrollpositionen tätig gewesen sein. Leider sind die Inschriften relativ selten. Ein beneficiarius consularis hatte seinen Posten bei dem wichtigen Kreuzungspunkt Brigantium (Bregenz)(IBR 74B). Zwei weitere beneficiarii consularis hinterließen sogar Inschriften in dem Weihekomplex Osterburken in der Provinz Obergermanien (AE 1985, 693 u. 1996, 1154).

 

Da im Legionslager und den daneben liegenden Zivilsiedlungen insgesamt vielleicht zwischen 15 000 und 18 000 Menschen lebten, war für die Versorgung ein enormer logistischer Aufwand notwendig. Alleine an Getreide dürften bereits 4000 bis 4500 t pro Jahr verbraucht worden sein, wofür wahrscheinlich deutlich mehr als 100 km2 Ackerland bebaut werden mussten. Dazu kamen aber noch Anbauflächen für Obst und Gemüse, sowie Viehweiden. Den Löwenanteil der Lebensmittelversorgung deckte die Legion aus den zahlreichen villae rusticae (Gutshöfen) des fruchtbaren Gäubodens. Aber wegen der katastrophalen Germaneneinfälle ab Mitte des 3.Jh. blieben von fast allen diesen Gutshöfen letztendlich nur noch Ruinen übrig. Schon vorher wurde bei Bedarf ein Teil des benötigten Nachschubs aus Oberitalien importiert, denn im späten 2. oder frühen 3.Jh. wurde in Trient eine Inschrift gesetzt, nach der ein gewisser C. Valerius Marianus neben anderen Posten auch adlectus annon(ae) leg(ionis) III Italicae war – ‚ausgewählt für die Lebensmittelversorgung der Legio III Italica’ (CIL V 5036). Der Brenner war aber wohl nicht die einzige Versorgungsroute, denn vom Großen St. Bernhard stammt eine Weihinschrift von T. Claudius Severus (Inscr. Ital. XI 1,63), einem frumentarius legionis (= Beauftragter für die Getreidefernversorgung, s.u. IX c ). Aurelius Silvinus, ein weiterer frumentarius legionis, hinterließ sogar eine Weihinschrift in Rom (AE 1991, 266), doch ist unbekannt, zu welchem Zweck er sich in der Reichshauptstadt aufhielt.

Ebenfalls enorm war der Verbrauch an Brennholz (für Häuser, Badeanlagen, Lebensmittel-betriebe, Töpfereien, Schmieden u.a. Werkstätten) sowie Bauholz (Häuser, Fahrzeuge, Fässer etc.). Unter Umständen wurden bis zu 10 000 t pro Jahr verbraucht [alle Schätzwerte P. Herz].